

Franziska Hormanns Erfahrung als Praktikantin an unserer Schule
Die deutsche Praktikantin Franziska Hormann hat am 1. Oktober dieses Jahres ihr Praktikum an unserer Schule begonnen. Im folgenden Interview gibt uns die Absolventin der Mathematik, Französisch und Spanisch an der Goethe-Universität Frankfurt mehr Details über ihre Erfahrungen in der Deutschen Schule Barranquilla.
Wie war deine Erfahrung als Praktikantin an unserer Schule?
Meine Erfahrungen waren durchweg positiv. Bereits die Kommunikation mit meinen beiden Praktikumsbetreuerinnen Katrina Neuschulz und Inna Schönfeld war sehr angenehm und ich fühlte mich von Anfang an, umfassend betreut. Alle Lehrkräfte waren die ganze Zeit sehr aufgeschlossen und haben mein Feedback, meine Fragen und meine Anmerkungen sehr ernst genommen, sodass ich nicht das Gefühl eine große zeitliche Belastung, sondern eine Bereicherung zu sein, was definitiv nicht selbstverständlich ist!
Allzu gerne hätte ich das Praktikum real absolviert, um noch stärker in diesen wertvollen Austausch zu kommen und mein Bild von der Deutschen Schule Barranquilla zu komplettieren.
Welche Aktivitäten hast du als Praktikantin durchgeführt?
Das Praktikum war zweigeteilt: Zum einen habe ich komplett selbstständig drei Zweitklässler in Mathematik gefördert und hatte mit ihnen 2-3 Unterrichtsstunden pro Woche intensiven Einzel- bzw. Kleingruppenunterricht. Dieser Unterricht mit den Zweitklässlern war in vielerlei Hinsicht anspruchsvoll für mich. Ich habe Lehramt für Gymnasien studiert und wenig Erfahrungen, wie ich Kindern die Grundrechenarten vermittle und auf diesem Niveau didaktisch vereinfache, wenn Inhalte einmal zu komplex sind.
Noch dazu kannte ich mich zu Beginn nur rudimentär mit Teams als Video- und Kommunikationssoftware aus, durfte aber bereits ab der ersten Woche den Unterricht komplett eigenständig leiten. Zum Glück haben es mir die drei Jungs mit ihrer aufgeweckten Art und den teilweise stärker vorhandenen Medienkompetenzen leicht gemacht, sie kennenzulernen und individuell fördern zu können. Darüber hinaus waren mir die Mathematiklehrkräfte der drei immer eine große Hilfe und meine Ansprechpartner in allen Lagen, beispielsweise in Bezug auf Verhaltensregeln im virtuellen Klassenraum.
Mir wurde bewusst, dass die Jungs sich einfach freuen, etwas mehr Aufmerksamkeit als im virtuellen Unterricht mit 15 anderen Kindern zu bekommen. Noch dazu sind sie alle sehr aufgeweckt und ehrgeizig, sodass die drei meist leicht zu motivieren waren. Mit der Zeit entwickelte ich einen selbstverständlicheren Umgang und sie wurden auch zutraulicher. Nicht selten erfuhr ich in den letzten Minuten der Stunde, die ihren eigenen Interessen gewidmet waren und wo sie einfach mal die Möglichkeit haben sollten, sich auszudrücken und mitzuteilen, das ein oder andere Hobby, ihre Interessen oder mir wurde auch ein Tanz vorgeführt oder ein Lied vorgesungen – wunderschöne Erfahrungen, die sicherlich nur in einer so privaten Atmosphäre möglich gewesen sind.
Zum anderen durfte ich in mehreren Klassen des DAF-Unterrichts reinschnuppern und dort Unterrichtsstunden mitgestalten, was gerade für mich als angehende Fremdsprachenlehrerin sehr aufschlussreich war. Mit virtueller Lehre hatte ich bis dato nur wenig Erfahrung, allemal in Universitätsseminaren, die ich im letzten Semester nach meinem Examen freiwillig wahrgenommen hatte, konnte ich erste Erfahrungen sammeln, aber der Hospitationsunterricht und die sich anschließenden eigenverantwortlichen Stunden haben die ganze Bandbreite des virtuellen Unterrichts, von der Beteiligung in Videokonferenzen, über das Einreichen virtueller Aufgaben bis hin zu für mich ganz neuen Aufgabenformaten für Prüfungen wie einer virtuellen Talkshow oder Lernportfolios bzw. -tagebüchern.
Dabei waren die Offenheit und die Bereitschaft eines konstanten Austauschs mit den Lehrkräften eine besonders wertvolle Erfahrung und Unterstützung. Trotz des engen Zeitplans und den diversen anderen Verpflichtungen hatten sie immer ein offenes Ohr und gaben gerne auch eine lange Rückmeldung mit vielen neuen Impulsen. So durfte ich beispielsweise auch beim Modelo anfitriano teilnehmen, welches die Intention hat die Lehrerprofessionalität zu steigern durch gegenseitige Besuche von Lehrkräften im Unterricht, um ein Feedback und neue Ideen zu erhalten.
Was war das Einfachste und das Schwierigste als Praktikantin in diesem Moment?
Das Schwierigste war vielleicht die Zeitverschiebung zwischen Deutschland und Kolumbien, wenn es um Extra-Termine wie ein Elterngespräch oder der Zusammenkunft der DAF-Lehrkräfte ging, allerdings haben mir es die Kollegen durch ihre offene und kommunikative Art zu jeder Zeit sehr einfach gemacht, mich als fester Teil der Schule zu fühlen – auch „nur“ von Deutschland aus, weswegen ich kaum Schwierigkeiten wahrgenommen habe, sondern vor allem Unterstützung und neue Impulse.
Welche sind die Vorteile und die Nachteile von dem virtuellen Szenarium?
Die Vorteile sind definitiv, dass die Medienkompetenz der Schülerinnen und Schüler gefördert wird. Ich fand es sehr beeindruckend, als mein Zweitklässler aus Mathematik mir seinen Bildschirm teilte und mir seine selbsterstellte PowerPoint stolz präsentierte. Auch bin ich der Überzeugung, dass die anderen Prüfungsformate für viele Schülerinnen und Schüler von Vorteil sind, da ihr Wissen häufig nicht an einem einzigen Tag abgeprüft wird, sondern der Lernprozess im besten Fall ersichtlich wird.
Nachteil des virtuellen Unterrichts ist zum einen, dass alles wesentlich länger dauert. Eine verzögerte Internetverbindung, Schüler, die vergessen ihr Mikrofon anzuschalten oder gar nicht mehr anwesend sind… So ganz sicher konnte man sich da bei abgeschalteten Kameras nicht sein, ob noch alle Kinder an der Sitzung auch aktiv teilnehmen.
Welche Lehren hast du aus diesem Moment gezogen?
In diesen Momenten war Geduld gefragt und immer wieder die direkte Ansprache oder die spontane Umgestaltung der Unterrichtsinhalte. Digitaler Unterricht ist kein Zauberwerk und trägt selbstverständliche die Grundzüge Präsenzunterrichts. Deswegen muss auch nicht jede Stunde tausend interaktive Elemente enthalten und ein Medienfeuerwerk darstellen, was ich vielleicht im Vorfeld dachte.
Insofern hat mich das Praktikum beruhigt und auf den Boden der Tatsachen gebracht. Durch die Hospitationen und die Möglichkeit, Inhalte aus meinen Universitätsseminaren ausprobieren zu können, z.B. Applikationen wie Flinga oder Kahoot, habe ich eine konkretere Vorstellung davon, was virtueller Unterricht eigentlich ist und leisten kann. Und davon abgesehen, gilt wie immer für die Unterrichtsgestaltung, ob nun in Präsenz oder virtuell: Flexibel und kreativ sein zeigt sich einmal mehr als eine wesentliche Lehrereigenschaft!